atelier hanni serway
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Kennen Sie das auch?

Ein Zug in schwarzdunkler Nacht. Plötzlich Häuser mit hell erleuchteten Fenstern. Schemenhafte Gestalten in den Fensterausschnitten, bruchstückhaft  ein paar Möbel: hier eine Kerze auf dem Tisch, dort ein Bild an der Wand, vielleicht ein Bücherregal, ein Sessel.  Dann wieder ein undurchdringlicher Vorhang.

 

Sie spüren eine Art Sehnen. Die Sehnsucht, Unbekanntes zu erforschen,  fremde Leben mit dem eigenen zu vergleichen, die eigenen Träume an denen der anderen zu messen. Wer sind sie, diese Unbekannten, wie leben sie, welche Träume träumen sie. Und mit wem könnte ich die eigenen Träume teilen?

 

Man macht sich ein Bild von ihnen:  Wie würden sie diesen Abend gestalten? In liebevoller Gemeinschaft oder unerträglicher Einsamkeit? Würden sie nachts friedlich schlummern oder sich, von Albträumen geplagt, ruhelos im Bett wälzen? Wie wäre ihr Morgen? Wäre es einer, auf den sie sich freuen, weil er ihnen neue Herausforderungen bringt, oder einer, von dem sie nur neuerliche Unruhe und Konflikte befürchten?

 

Und wie würde sie den Tag verbringen:  in unermüdlichem Tun und Schaffen – oder in aufgezwungener Langeweile? Würden sie sich morgens beim Zeitungslesen schon über den Zustand der Welt ärgern, oder würden sie den Tag ruhig und in Frieden beginnen. Gäbe es  Krach mit dem Chef, Streit mit dem Partner oder den Eltern, Ärger in der Schule?  Wenn sie keine Arbeit hätten, würden sie vielleicht Bewerbungen schreiben oder beim Arbeitsamt antreten?

 

Abends wären sie dann alle wieder zu Hause, die Arbeitslosen genauso wie die Arbeitenden, die Schüler und die Azubis, die Paare und die Singles, die Eltern und die Kinder, die Alten und die Jungen. Sie würden über ihre Erlebnisse reden, würden ihren Haushalt in Ordnung bringen, Pläne für das Wochenende machen, den Abend vor dem Fernseher verbringen.  Der eine oder andere würde vielleicht nochmals weggehen, in seinen Verein oder zum Stammtisch.  Vielleicht würden sie sich lieben oder streiten oder sich gemeinsam langweilen.  Und dann würde die Nacht kommen und ein neuer Morgen und ein neuer Tag, einer nach dem anderen, sie in Sicherheit wiegend mit all seiner Gleichförmigkeit.

 

Aber vielleicht wäre auch alles ganz anders:

 

Es könnte sein, dass eine junge Frau vor dem Spiegel steht und plötzlich begreift: es ist Zeit zu gehen. Weil sie sich selbst nicht mehr erkennt, weil sie vergessen hat, wer sie ist in einem Leben, in dem sie all ihre Träume geopfert hat. Und weil sie endlich die sein will, die in ihr steckt.

 

Oder es könnte geschehen, dass eine andere ihre Einkäufe auspackt und feststellt, dass sie nicht helfen gegen die Einsamkeit. Dass niemand da ist, der auf sie wartet, niemand, der sich mit ihren Ängsten auseinander setzt, niemand, der sich an ihrer Liebenswürdigkeit erfreut.

 

Und was ist mit dem Mann, der von großen Veränderungen träumt? Wird er Anlauf nehmen und dann stolpern? Oder wird er begreifen, dass er nur auf dem Teppichboden landen wird, wenn er seinen Sprung im Wohnzimmer startet?

 

Menschen lieben und hassen, sie glauben und zweifeln, sie schenken Leben und sie nehmen es, sie lachen und weinen, sie sind vor Freude trunken und von Schmerz überwältigt, sie hoffen und bangen, sie sind unerschütterlich und manchmal vollkommen erschüttert, sie sind getrennt von allem und dann wieder einander tief verbunden, sie sind fest verwurzelt oder treiben führungslos auf hoher See, sie gehen mit hoch erhobenem Kopf oder tief gebeugt von den Lasten des Alltags, der eine durchquert seine Tage wie im Tanz, ein anderer ist gänzlich in Starre verfallen, und manchmal begegnet ihnen der Frühling mitten im tiefsten Winter. 

 

So viele unterschiedliche Leben, so viele unterschiedliche Wege. Tag für Tag kreuzen wir sie und gehen ahnungslos aneinander vorbei. Manchmal aber erkennen wir einen Menschen im Vorübergehen. Wir sehen in seinem Lächeln die Freude, vielleicht sogar eine Spur Verwegenheit, oder in seinen Augen geheime Trauer.  Und für einen Moment werden wir von Wärme durchströmt. Ja, unser eigenes Leben scheint plötzlich wieder voller Wärme zu sein. Die Welt ist doch groß und noch zu entdecken, merken wir. Und einer und noch einer und vielleicht noch einer sind doch mehr als zwei oder drei.  Sie sind womöglich ein ganzes Universum.

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